Wir spüren sie nicht immerzu, und doch begleiten sie uns ständig: Ansprüche. Die eigenen, die wir an uns selbst richten, ganz direkt oder verkappt, und die, die andere an uns haben, offen, subtil oder unausgesprochen. Sie können im Berufs- und Privatleben unterschiedliche Bedeutungen und Auswirkungen haben, zum Beispiel dazu führen, dass wir uns besonders engagieren, bestimmte Kräfte einsetzen und beständig und motiviert an etwas arbeiten. Es kann aber auch sein, dass sie uns stressen, zum Beispiel, weil wir das Gefühl haben, etwas nicht erreichen zu können, etwas nicht ausreichend zu können oder persönlich zu scheitern.
Manche Menschen führen ein sehr bewegtes Leben, haben ambitionierte Ziele, verantwortungsvolle Aufgaben, weitreichende Projekte. Andere gestalten ihr Leben genügsamer, überschaubarer, weniger ehrgeizig. (Achtung, in dieser Beschreibung liegt meinerseits keine Wertung! Menschen stellen unterschiedliche Ansprüche an ihr Leben, und das ist vollkommen in Ordnung.)
Mir ist aufgefallen, dass besonders strebsame und leistungsorientierte Menschen häufig Gefahr laufen, ihr Leben zu sehr darauf ausrichten, bestimmte Ansprüche zu erfüllen, und das sowohl grundsätzlich, als auch alltäglich. Sie haben gewisse Standards, Zwänge und Pflichten zum Teil so verinnerlicht, dass sie ihre ursprünglichen Ziele und Werte leicht aus dem Blick verlieren. Manche sind nur noch damit beschäftigt, bestimmte Erfolge zu verbuchen, Zahlen einzustreichen und Konkurrenten auszuschalten, sowohl im Berufs- wie auch Privatleben. Es kann so weit gehen, dass sie selbst gar nicht bemerken, wie sie immer zwanghafter auf (eigene oder fremde) Ansprüche reagieren und an Selbstbestimmtheit und Souveränität verlieren: im Unternehmen, der Beziehung, der Familie.
Darüber hinaus werden in nicht wenigen Fällen eigene Ansprüche als überhöhte Erwartungen unbewusst und / oder unreflektiert auf andere übertragen. Mitarbeiter sollen nonstop erreichbar sein, Präsentationen fehlerfrei, das Zuhause immer clean, der Partner immer top drauf stehen, der Sohn ein hohes Jahreseinkommen vorweisen, die Enkel als Überflieger punkten..
Um selbst wieder ein gesundes und angemessenes Verhältnis zu bestimmten Zielen und Anforderungen zu entwickeln, kann es helfen, in Wünschen zu denken und sich zu fragen:
Was wünsche ich mir „wirklich“ für mich / mein Unternehmern / meine Karriere / Beziehung/ Familie / Kinder?
Wodurch soll sich mein Denken / Wirken / Verhalten auszeichnen?
An welchen Grundgedanken und Prämissen will ich mein Leben / mein Arbeit / meine Freizeit / meine Beziehungen ausrichten?
Was wünsche ich mir für meine(n) Lebenspartner(in), meine Kinder, meine Mitarbeiter(innen), meine Freunde?
Wie möchte ich als Unternehmer(in) / Lebenspartner(in)/ Elternteil / … wahrgenommen werden?
Wenn Sie sich mit diesen Fragen beschäftigen, werden Sie wahrscheinlich schnell darauf kommen, in welchen Bereichen bestimmte Ansprüche Überhand genommen haben. Vielleicht verspüren Sie ein starkes Bedürfnis, bestimmte Ansprüche, die Sie bisher an sich selbst oder an andere haben – abzumildern oder zu entkräftigen. Möglicherweise möchten Sie in Zukunft in bestimmten Situationen wohlwollender, verständnisvoller und gelassener agieren, sich selbst und/oder anderen gegenüber.
Überlegen Sie sich, in welchen Bereichen bestimmte Ansprüche zu sehr an Macht über Ihre Lebensführung, Ihre berufliche Entwicklung, Ihre Beziehungsgestaltung usw. gewonnen haben.
Seien Sie nicht zu anspruchslos, wenn es um Ihre wahren Werte, Bedürfnisse und Ziele geht.